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Auch freundschaftliches Gerangel gilt als sportliche Betätigung (21.10.2021)
Maximilian Kralik 

Bevor wir uns wieder den Gefahren des Wintersports widmen, tauchen wir noch einmal ins kühle Nass ein. Ein Unfall beim freundschaftlichen Gerangel von Jugendlichen hat dieses Mal den OGH beschäftigt. Worum ging es?

Eine Gruppe von Jugendlichen schwamm an einem Badesee zu einer künstlichen Badeinsel in der Mitte des Sees. Dort versuchten sich die Jugendlichen gegenseitig ins Wasser zu werfen, doch dabei kam es zu einem schweren Unfall: Während der spätere Kläger bereits aufgrund eines Stoßes ins Wasser gefallen war und nahe der Insel am Auftauchen war, fielen zwei andere Jugendliche, die ebenfalls miteinander rangelten, ins Wasser und direkt auf den späteren Kläger – beide konnten dem Kläger, den sie erst im Sturz bemerkten, nicht mehr ausweichen. Der spätere Kläger wurde schwer verletzt.

Regelmäßige Leser unseres Blogs wissen bereits, dass Handlungen oder Unterlassungen im Zuge sportlicher Betätigung, durch die ein anderer Teilnehmer in seiner körperlichen Sicherheit gefährdet oder am Körper verletzt wird, insoweit nicht rechtswidrig sind, als sie nicht das in der Natur der betreffenden Sportart gelegene Risiko vergrößern. Der Gedanke dahinter ist klar: Wer sich einer ihm bekannten oder erkennbaren Gefahr aussetzt, wie etwa durch Teilnahme an gefährlichen Veranstaltungen, dem wird eine Selbstsicherung zugemutet. Ihm gegenüber wird die dem Gefährdenden sonst obliegende Sorgfaltspflicht aufgehoben oder eingeschränkt.

Aus Sicht des OGH ist dieser Gedanke auch auf ein freundschaftliches Gerangel anzuwenden, das als „sportähnliche“ Betätigung qualifiziert wird. Es komme nicht darauf an – so der OGH –, ob dem „Kampf irgendein sportlicher oder sozialer Wert beizumessen“ sei oder nur „grober Unfug“ vorliege, weil die Frage nach dem erlaubten Sportrisiko bzw. Spielrisiko nach anderen Kriterien zu entscheiden sei. Wesentliche Voraussetzungen für eine nach den Sonderregeln für die Sportausübung vorzunehmende Beurteilung eines Spiels seien das Einverständnis der Beteiligten über eine sportähnliche Betätigung mit einem gewissen Mindestmaß an Regeln und die Kenntnis der Beteiligten über das damit verbundene Risiko. In einem solchen Fall würden die Beteiligten selbst eine Gefahrenquelle schaffen und in voller Eigenverantwortlichkeit die Risiken auf sich nehmen, die mit der Sportausübung bzw. dem Spiel zwingend verbunden seien.

Aus diesem Grund gilt auch für freundschaftliches Gerangel die Haftungseinschränkung für sportliche Betätigungen und ein rechtswidriges Handeln liegt nur vor, wenn das in der Natur der betreffenden Sportart gelegene Risiko – beispielsweise durch eine grobe Unsportlichkeit – vergrößert wird.

Der Kläger hat schließlich auch behauptet, dass das „Spiel“ bereits beendet gewesen wäre (nach Beendigung der Sportausübung sind natürlich die Sonderregeln für die Sportausübung nicht mehr anwendbar) – das konnte das Gericht jedoch nicht feststellen. Schließlich macht es auch keinen Unterschied, ob ein Sport oder Spiel gegeneinander oder auch nur gemeinsam (nebeneinander) ausgeführt wird – der Verletzte muss bloß daran teilgenommen haben.

OGH am 25.8.2020, 8 Ob 51/20p