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Das Stadionverbot und seine rechtlichen Folgen (14.10.2021)
Gunther Gram 

Seit dem 1.7.2021 gibt es sowohl in der ÖFB-Rechtspflegeordnung als auch in der ÖFB-Stadionverbotsordnung Neuigkeiten. Was ergibt sich daraus für Fans und Vereine?

Der ÖFB hat zwar keine vertragliche Beziehung zu Zusehern (und für Zuseher gilt der „Strafenkatalog“ der Rechtspflegeordnung nicht), doch sind die Zuseher dennoch von der ÖFB-Rechtspflegeordnung erfasst und unterliegen ihr – und zwar indirekt über die Haus- und Stadionordnungen. Vereine sind verpflichtet, entsprechende Haus- und Stadionordnungen festzulegen – und die sie gegenüber dem ÖFB treffenden Verpflichtungen (hier gemeint in Bezug auf die Sicherheit in Stadien) damit auf die Zuseher zu übertragen. In der Hausordnung für das ALLIANZ Stadion in Hütteldorf heißt es beispielsweise in Punkt 26: „Für Bewerbe der Österreichischen Fußballbundesliga und des ÖFB gelten die einschlägigen Bestimmungen wie insbesondere die Sicherheits- und Ordnerrichtlinien der ÖFBL in der jeweils gültigen Fassung […].“ So werden Stadionverbote auch ausdrücklich als privatrechtliche Sanktion bei bestimmten Verstößen gegen die Hausordnung ausgesprochen – und zwar vom ÖFB (Komitee für Prävention & Stadionverbote); durchsetzen muss das Stadionverbot dann der Verein (die Informationen bekommt er vom ÖFB).

Der Verein wird auch gut beraten sein, Stadionverbote zu effektuieren – anderenfalls wäre es eine Verletzung seiner Pflichten in Hinblick auf Organisation und Sicherheit und würde erneut Sanktionen des ÖFB auslösen können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bestimmte Verstöße gegen die Pflichten in Hinblick auf Organisation und Sicherheit sogar verschuldensunabhängig sanktioniert werden, somit auch dann, wenn der Verein sogar nachweisen kann, nicht fahrlässig gehandelt zu haben. Eine solche – sogar verschuldensunabhängige – Sanktion wird (zumindest „bei Profis“) auch als zulässig erachtet, um als Verband jedenfalls indirekt ein objektiven Sicherheitskriterien entsprechendes Verhalten befördern zu können. Aber auch unabhängig von den verbandsinternen Verpflichtungen werden Vereine Stadionverbote wirksam durchsetzen müssen. Würde nämlich ein mit einem Stadionverbot behafteter Zuseher in der Arena erneut gegen die Hausordnung verstoßen und damit (z.B. auch durch den Einsatz von Pyrotechnik) andere Personen Verletzen oder Sachen beschädigen, könnte das für den Verein auch strafrechtliche Folgen haben – nämlich eine Beteiligung an einer Straftat durch Unterlassung (denn der Gedanke, dass der Verein aus dem Hausrecht und der Verkehrssicherungspflicht heraus Garantenstellung hat, weswegen eine Haftung auch in strafrechtlicher Hinsicht wegen Unterlassung in Frage kommt, ist nicht von der Hand zu weisen – jedenfalls nicht geradezu absurd). Die Durchsetzung und Kontrolle eines Stadionverbots ist somit zur Haftungsvermeidung wesentlich – dazu gehört auch, die Maßnahmen, die für die Durchsetzung ergriffen werden, nachvollziehbar zu dokumentieren (und eine Risikoanalyse zu erstellen – und auch laufend nachzuschärfen).

Nicht unerwähnt soll hier zum Abschluss bleiben, dass Vereine durchaus Chancen haben, nicht nur über sie verhängte – verschuldensunabhängige – Verbandsstrafen an die „Verursacher“ weiterzurreichen (Regress zu nehmen), sondern dass es auch denkbar ist, die Kosten für erhöhte Sicherheitsmaßnahmen (ähnlich den „Vorhaltekosten“ für Detektive im Handel zur Verhinderung von Ladendiebstählen) zumindest anteilig zu überwälzen. Die Rechtsprechung in Österreich mag zwar bisher diesbezüglich noch zurückhaltend gewesen sein, doch ist gerade in Anbetracht der deutschen Judikatur zu diesem Thema (auch wegen der Nachschärfung der ÖFB-Regulative) durchaus mit einem Wandel zu rechnen – die Stadien sind ja wieder zugänglich und mit Anlassfällen ist wohl zu rechnen.