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Der MNS und das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz (24.9.2020)
Gunther Gram 

Zwei Welten prallen aufeinander – nicht nur im Sport kann derlei passieren, sondern auch außerhalb des Spielfelds. Noch vor Inkrafttreten der COVID-19-Bestimmungen, die das Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung (kurz „MNS“) in Massenbeförderungsmitteln, Kundenbereichen, Besucherbereichen von Museen, Ausstellungen, Bibliotheken, Archiven samt deren Lesebereichen sowie von sonstigen Freizeiteinrichtungen, Veranstaltungen, Fach- und Publikumsmessen und auch Sportstätten vorschreiben, hat sich ein Anhänger eines Fußballklubs vor einer Schlägerei mit einer Sturmhaube verhüllt. Deswegen hat er eine Organstrafverfügung auf Grundlage des Anti-GesichtsverhüllungsG ausgefasst und dagegen ein Rechtsmittel erhoben; dieses Rechtsmittel hatte vor dem Landesverwaltungsgericht sogar Erfolg. Die Landespolizeidirektion Wien hat dagegen Amtsrevision eingelegt und der Verwaltungsgerichtshof hat ihr Recht gegeben und die Strafe bestätigt. Denn der VwGH hatte keinen Zweifel am Verstoß gegen das Verhüllungsverbot, weil der Grund für das Tragen der Sturmhaube der war, nicht erkannt werden zu können. Wie gesagt: das geschah vor dem Inkrafttreten der Maskenpflicht.

Es ist jedoch zu bezweifeln, dass der VwGH nun anders entscheiden würde, obwohl der MNS in vielen Bereichen vorgeschrieben ist. Wenngleich ein Verstoß gegen das Verhüllungsverbot dann nicht vorliegt, wenn die Verhüllung oder Verbergung der Gesichtszüge durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist, im Rahmen künstlerischer, kultureller oder traditioneller Veranstaltungen oder im Rahmen der Sportausübung erfolgt oder gesundheitliche oder berufliche Gründe hat, erscheint die Begründung des VwGH schlüssig. Der Grund, weswegen der VwGH auch weiterhin so entscheiden würde, liegt darin, dass ein Tragen des MNS bei Schlägereien an öffentlichen Orten im Freien weder vorgeschrieben ist, noch mit gesundheitlichen oder gar kulturellen Gründen gerechtfertigt werden kann (wenngleich das Aufeinanderprallen der Fans gewisser Vereine durchaus so etwas wie Tradition besitzt). Anders wäre es wohl, wenn eine Auseinandersetzung „indoor“ in Kunden- oder Besucherbereichen oder gar Massenbeförderungsmitteln stattfinden sollte; dann nämlich muss ein MNS getragen werden und somit wäre eine Bestrafung nach dem Anti-GesichtsverhüllungsG nicht möglich – freilich aber wegen anderer Tatbestände, die allesamt „teurer“ wären, als eine Organstrafverfügung nach dem Anti-GesichtsverhüllungsG.