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Der Sport und die Höchstgerichte (17.5.2021)
Gunther Gram 

Der (deutsche) BGH hat am 1. Juli 2021 eine sportrechtlich auch für Österreich ausgesprochen interessante Angelegenheit zu verhandeln. Es geht um die verbandsrechtliche Haftung der Fußballvereine für das Verhalten ihrer Anhänger. Anders ausgedrückt: Haftet ein Verein für Fehlverhalten seiner Fans?

Das Ausgangsverfahren: Fans haben bei einem Auswärts- und zwei Heimspielen Bengalos abgefackelt und „ihr“ Verein wurde dafür vom Sportgericht des DFB mit einer saftigen Geldstrafe (fast 30.000 €) belegt. DFB-intern ist die Sache zu Ungunsten des Vereins ausgegangen, weil neben der verschuldensunabhängigen Haftung für die Vorfälle im eigenen Stadion auch eine Haftung wegen Verschuldens gegeben sein soll. Der bestrafte Verein lässt aber nicht locker - nun soll der BGH darüber urteilen, ob ein auf Grundlage der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB ergangener Schiedsspruch gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt. Man darf gespannt sein – wir werden über den Ausgang berichten.

Interessant ist die Entscheidung des BGH auch deswegen, weil die Rechtslage in Österreich vergleichbar – ja nahezu ident – ist. Auch in Österreich können Schiedssprüche durch Gerichtsurteil aufgehoben werden, wenn sie gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstoßen (§ 611 Abs 2 Z 8 ZPO). Auch in Österreich unterwerfen sich die Vereine dem Regulativ für die dem ÖFB angehörigen Spieler und Vereine (Regulativ) und es sind Schiedsgerichte zuständig. Wie in Deutschland soll auch in Österreich die ÖFB-Rechtspflegeordnung für Zuseher gelten und die Vereine sind verpflichtet, die ÖFB-Rechtspflegeordnung vertraglich auf die Zuseher zu überbinden (z.B. durch Hausordnungen). Die missbräuchliche Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen ist auch nach der ÖFB-Rechtspflegeordnung (§ 116a) mit Strafen für den Verein, der für die Organisation und Sicherheit verantwortlich ist, sanktioniert – und zwar selbst dann (und das ist durchaus bemerkenswert), wenn (obwohl) der Verein nachweisen kann, dass ihn kein schuldhaftes Verhalten trifft. Nun, da kann man schon auch bei uns in Österreich darüber nachdenken, ob eine solche „objektive Kausalhaftung für ein Fehlverhalten Dritter“ nicht doch gegen öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt – und somit mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Denn diese verschuldensunabhängige Haftung bedeutet letztlich nichts anderes, als eine Erfolgshaftung (Erfolg = Bengalo brennt; somit „Haftung automatisch“, gleich welche Maßnahmen man gesetzt hat, die vernünftigerweise zu erwarten und auch mit vertretbaren Maßnahmen umzusetzen sind). Die österreichische Rechtsordnung kennt zwar eine solche Erfolgshaftung, aber nur, wenn sie auch gesetzlich verankert ist (z.B. RHG, EKHG, LuftVerkG usw) oder sich aus einer erweiterten Haftung für eine spezifische Betriebsgefahr für gefährlichen Betriebe ergibt. Es darf bezweifelt werden, dass ein solcher „gefährlicher Betrieb“ tatsächlich vorliegt, weil damit ist gemeint, dass eine Vielzahl von Personen und deren Eigentum gefährdet wird, weil eben nicht ausgeschlossen werden kann, dass nicht doch einmal etwas passiert (sozusagen als Ausgleich für die Gestattung eines „gefährlichen Betriebs“, damit man nachher nicht über die Schuldfrage streiten muss). Mit einer Organisation eines Fußballmatches hat derlei freilich nicht viel zu tun – vor allem dann nicht, wenn ein Verein nachweisen kann, dass er tatsächlich alles getan hat, was man von einem umsichtigen und sorgfältigen Veranstalter erwarten darf, um pyrotechnische Vorfälle so gut wie nur irgend möglich zu verhindern. Wir bleiben am Ball…