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Rat & Tat
Haftet ein gedopter Sportler für Verletzungen seines Gegners auch bei an sich regelkonformem Verhalten? (20.10.2020)
Maximilian Kralik

Einer der letzten Spielberichte hat sich mit der Haftung für nicht mehr „spieltypisches“, sondern rechtswidriges Verhalten (die Blutgrätsche als „taktische“ Notbremse) beschäftigt. Nun ist auch Doping rechtswidrig. Die Staatsanwaltschaft Köln hat einen gedopten Boxer wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt – der Boxer wurde im April 2020 verurteilt (drei Jahre Haft). Eine solche Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft war bisher einzigartig – es lohnt sich ein Blick, ob derlei auch in Österreich passieren kann und zwar nicht nur in Hinblick auf eine strafrechtliche Verantwortung, sondern auch im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung.

Die körperliche Auseinandersetzung ist bei jedem Kampfsport sozusagen „systemimmanent“. Nicht jede Verletzung beim (Kampf-)Sport kann aber einen schadenersatzrechtlichen Ersatzanspruch auslösen. Bleibt der Sportler innerhalb der in seinem Sport vorgegebenen Regeln, haftet er grundsätzlich nicht, selbst wenn sich ein Gegner durch seine Handlungen verletzen sollte. Jeder Sportler nimmt Verletzungen, die sich auch bei regelkonformem Verhalten ergeben können, gleichsam in Kauf. Handlungen oder Unterlassungen bei sportlicher Betätigung, durch die ein anderer Teilnehmer verletzt wird, sind nicht rechtswidrig, wenn das in der Natur der betreffenden Sportart gelegene Risiko nicht vergrößert wird – Stichwort: „spieltypisch“. Aber auch ein regelwidrig agierender Sportler haftet nicht, wenn der Regelverstoß geringfügig (was geringfügig ist, wird anhand der konkreten Sportart und auch den konkreten Teilnehmern festzumachen sein) und die damit verbundene Verletzungsgefahr für die jeweilige Sportart typisch und sozusagen wechselseitig gegeben ist (auch das ist jeweils am konkreten Einzelfall zu messen).

Ein gedopter Sportler hingegen könnte trotz regelkonformen eigenen Verhaltens bei der eigentlichen Sportausübung für eine Verletzung eines Gegenspielers haften, weil bzw. wenn durch Doping das wechselseitige Verletzungsrisiko nicht mehr gleich groß ist, sondern zu seinen Gunsten verändert wird – wohlgemerkt nicht bei der eigentlichen Sportausübung, sondern bereits davor. Wer daher mit Doping Kraft und Masse generiert und dadurch das Kräfteverhältnis (und somit das wechselseitige Verletzungsrisiko) ins Missverhältnis bringt, läuft Gefahr, selbst bei einem regelkonformen Verhalten zumindest zivilrechtlich zu haften – und die Beweisfrage wird sich dann im Verfahren wohl auch nicht mehr darum drehen, ob überhaupt ein Regelverstoß vorgelegen ist, sondern es wird wohl der Beweis genügen, dass der Schädiger gedopt hat.