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Zur Auswirkung von COVID-19 auf Fristen und Verhandlungen (6.4.2020)
Alexander Koukal

Die Coronakrise macht auch nicht vor der Justiz halt. Das so genannte 2. COVID-19-Gesetz, das am 22.3.2020 in Kraft getreten ist, brachte unter anderem eine allgemeine Unterbrechung von Fristen. Mit dem 4. COVID-19-Gesetz hat der Gesetzgeber – rückwirkend – ein paar Korrekturen und Klarstellungen vorgenommen.

In zivilgerichtlichen Verfahren werden – mit wenigen Ausnahmen – verfahrensrechtliche Fristen (z.B. für einen Einspruch, eine Klagebeantwortung, eine Berufung oder einen Rekurs) bis zum Ablauf des 30.4.2020 unterbrochen. Diese Fristen beginnen mit 1.5.2020 neu (und damit in voller Länge) zu laufen. Bei der Fristberechnung nach Tagen ist der 1.5.2020 nicht mitzuzählen. Bei einer Berechnung nach Wochen ist der 1.5.2020 als Startpunkt zu berücksichtigen (d.h. eine nach Wochen berechnete Frist endet wiederum an einem Freitag). Diese Unterbrechung gilt für Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach dem 22.3.2020 fällt, und für solche, die bis zum 22.3.2020 noch nicht abgelaufen sind. Das Gericht kann mit Beschluss von der vorgesehenen Unterbrechung abgehen und stattdessen eine neue angemessene Frist festsetzen. Dabei muss das Gericht sorgfältig abwägen, ob die Fortsetzung des Verfahrens so dringend ist, dass sie das Interesse der Allgemeinheit an der Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 überwiegt.

Außerdem sind Fristen, innerhalb derer man eine Klage oder einen Antrag bei Gericht erheben muss, um seine Rechte zu wahren (z.B. um Schadenersatz- oder Gewährleistungsansprüche geltend zu machen, eine Kündigung anzufechten oder um offene Geldforderungen noch vor deren Verjährung geltend zu machen) bis zum Ablauf des 30.4.2020 gehemmt. Das heißt, die Zeit vom 22.3.2020 bis zum Ablauf des 30.4.2020 wird in die Zeit, in der bei einem Gericht eine Klage oder ein Antrag zu erheben ist, nicht eingerechnet.

Zur Verringerung des Infektionsrisikos sind zivilgerichtliche Verhandlungen nur noch in dringend gebotenen Fällen (z.B. zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Verfahrenspartei) vorzunehmen. Die Durchführung der Verhandlung ist ohne persönliche Anwesenheit aller Beteiligten unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel möglich.

Vergleichbare Regeln für die Unterbrechung und Verlängerung von Fristen gelten auch für Verwaltungsverfahren. In anhängigen Verfahren, auf die die Verwaltungsverfahrensgesetze (AVG, VStG und VVG) anzuwenden sind – das sind die allermeisten –, werden alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach dem 22.3.2020 fällt, und solche, die bis zum 22.3.2020 noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30.4.2020 unterbrochen. Dies gilt etwa für die Fristen einer aufgetragenen Stellungnahme oder einer Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung. Die Fristen beginnen wieder mit 1.5.2020 neu zu laufen. Bei der Fristberechnung nach Tagen ist der 1.5.2020 nicht mitzuzählen. Bei einer Berechnung nach Wochen ist der 1.5.2020 als Startpunkt zu berücksichtigen (d.h. eine nach Wochen berechnete Frist endet wiederum an einem Freitag). Dies gilt nicht für Verfahren nach dem Epidemiegesetz. Die jeweilige Verwaltungsbehörde kann von der vorgesehenen Unterbrechung abgehen und stattdessen eine neue angemessene Frist festsetzen.

Weiters sind Fristen, innerhalb derer man einen verfahrenseinleitenden Antrag an die Behörde stellen muss, um seine Rechte zu wahren, für die Zeit vom 22.3.2020 bis zum Ablauf des 30.4.2020 gehemmt, d.h. diese Zeitspanne wird in die Frist nicht eingerechnet. Achtung: Diese Hemmung gilt nun auch für Verjährungsfristen (ursprünglich war eine Unterbrechung dieser Fristen vorgesehen).

Außerdem gilt diese Hemmung für die Entscheidungsfristen (mit Ausnahme von verfassungsgesetzlich festgelegten Höchstfristen). Diese verlängern sich um sechs Wochen (bzw. im Ausmaß der Entscheidungsfrist selbst, wenn diese kürzer als sechs Wochen beträgt).

Verlängert werden auch die Fristen für die Zahlung von Strafen aufgrund von Anonymverfügungen (und zwar auf sechs Wochen) und Organstrafverfügungen (auf vier Wochen), wenn diese aus dem Zeitraum 22.3.2020 bis 30.4.2020 stammen, also in diesem Zeitraum ausgefertigt bzw. hinterlassen oder übergeben wurden.

Die Bestimmungen über die Unterbrechung und Hemmung von Fristen gelten auch für das Verfahren der Verwaltungsgerichte (wenn auf das jeweilige Verfahren zumindest auch das AVG anzuwenden ist) und für das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes.

Die Unterbrechung gilt nicht für Fristen in Vergabeverfahren (etwa Teilnahmeantrags-, Angebots-, Stillhalte- und Zuschlagsfristen), weil es sich bei diesen Verfahren um keine Verfahren nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen handelt.