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Verschiebung von Vereinsversammlungen bis Ende 2021 (Update vom 6.5.2020)
Alexander Koukal

Das 8. COVID-19-Gesetz brachte eine weitere Erleichterung für Vereine. Nunmehr dürfen Mitgliederversammlungen, an denen mehr als 50 Personen teilnahmeberechtigt sind, bis zum Jahresende 2021 verschoben werden.

Dies gilt unserer Einschätzung nach unabhängig davon, welche Intervalle die Vereinsstatuten für die Mitgliederversammlung vorsehen. Der Gesetzeswortlaut lässt auf den ersten Blick vermuten, diese Möglichkeit stünde nur dann zur Verfügung, wenn die Statuten ein fünfjähriges Intervall für die Mitgliederversammlung enthalten, das im Jahr 2020 endet. So kann es der Gesetzgeber jedoch nicht gemeint haben. Das Gesundheitsrisiko durch eine physische Versammlung mit mehr als 50 TeilnehmerInnen ist nicht geringer, wenn diese Versammlung den Statuten nach alle drei Jahre oder jährlich abgehalten werden muss. Aus teleologischen Gründen ist die Gesetzesbestimmung daher so zu lesen, dass eine Verschiebung bis Ende 2021 immer möglich ist, wenn mehr als 50 Personen teilnahmeberechtigt sind. Andernfalls wäre der Anwendungsbereich dieser Vorschrift zu klein, um den Zweck zu erfüllen.

Die neue Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass Mitgliederversammlungen bei physischer Anwesenheit der Vereinsmitglieder derzeit nur sehr schwierig durchführbar sind. Abgesehen von der Frage der Anreise zum Versammlungsort kann die einzuhaltende „Abstandsregel“ zwischen Personen ab einer gewissen Mitgliederanzahl in geschlossenen Räumen kaum eingehalten werden. Siehe dazu unseren Beitrag hier. Viele Vereine, die die Mitgliederversammlung sonst in ihren eigenen Räumlichkeiten oder in Gaststätten abhalten, wären zur Anmietung eines riesigen Saales (und aufgrund der Saalgröße auch gleich einer Tonanlage) gezwungen.

Das Vereinsgesetz verlangt in § 5 Abs 2, dass die Mitgliederversammlung zumindest alle fünf Jahre stattfinden muss. Dieses Maximalintervall kann durch die Statuten nicht verlängert werden. Nicht wenige Statuten sehen kürzere Intervalle vor. Es ist derzeit nicht abzusehen, wann Vereinsversammlungen wieder in gewohnter Weise als Präsenzversammlung möglich sein werden. Daher hat der Gesetzgeber mit einer Änderung des Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetzes (COVID-19-GesG) die Möglichkeit geschaffen, größeren Vereinen eine Verschiebungsmöglichkeit bis Ende 2021 einzuräumen.

Falls dringende Entscheidungen anstehen oder das Leitungsorgan noch heuer gewählt werden muss,  bieten sich die schon vorhandenen Möglichkeiten einer virtuellen Versammlung oder einer Beschlussfassung im Umlaufweg an – siehe dazu auch hier.

Das Minderheitenrecht auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung unangetastet. Falls es ein Zehntel der Vereinsmitglieder verlangt, wird das Leitungsorgan noch heuer eine solche Versammlung einberufen müssen. Der Vorstand wird dann also nicht grundsätzlich auf die oben dargestellte Neuregelung verweisen können, sondern wird nur dann auf einer Verschiebung ins nächste Jahr beharren dürfen, wenn weder eine Präsenzversammlung noch eine virtuelle Versammlung (oder die Kombination beider) möglich sind, weil einerseits aus Platz- und Hygienegründen und andererseits mangels technischer Ausstattung (bzw. entsprechenden Fertigkeiten) eines Teils der Mitglieder nicht gewährleistet werden könnte, dass wirklich alle teilnehmen. Die Möglichkeiten der Einforderung einer Mitgliederversammlung, die die Mitglieder haben, sind ohnedies – so die Statuten nichts Besseres vorsehen – äußerst beschränkt: ein unzufriedenes Mitglied kann das Schiedsgericht anrufen, und dieses kann auch nur dem Vorstand auftragen, eine Mitgliederversammlung einzuberufen. Und da dem Schiedsgericht dafür bis zu sechs Monate zur Verfügung stehen, landet man damit ohnehin schon im Jahr 2021.